< Voriges Kapitel    Zurück zur Homepage    Nächstes Kapitel >


Kapitel 7

Klassifizierung und Grundstruktur des phylogenetischen Stammbaums


Bearbeitet von: Sandra Arndt & Vera Hartmann

?
(1) Wie unterscheidet sich der Artbegriff bei Prokaryoten und Eukaryoten?

(2) Was ist ein Bakterienstamm?

(3) Welche Kriterien dienen zur Klassifizierung einer Reinkultur?

(4) Was schließt man aus dem GC-Gehalt der DNA?

(5) Was geschieht bei einer DNA-DNA Hybridisierung?

(6) Was sind die Schritte der PCR?

(7) Wie kann man DNA sequenzieren?

(8) Wie weist man Organismen mit molekularen Sonden nach?

(9) Was leistet in situ-PCR?

(10) Wie kann man aus heute lebenden Organismen auf die ersten Schritte der Phylogenie zurückschließen?

(11) Welche Moleküle werden zur Erstellung eines phylogenetischen Stammbaums benutzt?

(12) Welche Annahme werden bei der Erstellung phylogenetischer Stammbäume gemacht?

(13) Wie sieht die Grundstruktur des phylogenetischen Stammbaums aus?

(14) Wie lassen sich Mitochondrien und Chloroplasten in den phylogenetischen Stammbaum einordnen?

(15) Woraus schließt man, dass die ersten Organismen thermophil waren?


Zurück nach oben


(1) ? Wie unterscheidet sich der Artbegriff bei Prokaryoten und Eukaryoten?

   Bei Prokaryoten ist der Artbegriff nicht klar definiert. Asexuelle Vermehrung, sowie schlecht erkennbare morphologische Unterschiede erschweren eine taxonomische Einordnung.

   Eine Eukaryotenart wird durch die Fähigkeit, fruchtbare Nachkommen zu zeugen, charakterisiert. Da bei den Prokaryoten die morphologischen Merkmale alleine nicht genügen, um eine Arteinteilung zu treffen, werden zusätzlich physiologische Merkmale überprüft und biochemische Tests durchgeführt und die Übereinstimmung von Nukleinsäuresequenzen bestimmt. Das Standard-Kriterium für die Zugehörigkeit zweier Stämme zu einer Art ist eine Übereinstimmung der Nukleinsäuresequenzen von mehr als 70 %.


Zurück nach oben


(2) ? Was ist ein Bakterienstamm?

   Nicht mit Stämmen im Tierreich verwechseln!

   Zur Klassifizierung von Bakterien werden Reinkulturen (Klone, Abkömmlinge eine Zelle) angelegt, denen jeweils eine spezifische Stammbezeichnung zugewiesen wird, da sich Stämme derselben Art unterscheiden.


Zurück nach oben


(3) ? Welche Kriterien dienen zur Klassifizierung einer Reinkultur?

  

   Um eine Reinkultur zu klassifizieren, betrachtet man morphologische, physiologische, sowie biochemische und molokularbiologische Merkmale.


Zurück nach oben


(4) ? Was schließt man aus dem GC-Gehalt der DNA?

   Der GC-Gehalt beschreibt den Anteil von Guanin und Cytosin an den Basen der DNA. Da Guanosin und Cytosin miteinander gepaart sind (drei Wasserstoffbrücken), sind ihre Gehalte gleich. Dasselbe gilt für Adenosin und Thymidin. Es gibt dabei keine Information über die Sequenz.

   Der GC-Gehalt variiert artspezifisch zwischen 40-70 %. Er gibt Aufschluss über den Verwandtschaftsgrad. Eine Variation von weniger als 5 % ist charakteristisch für Stämme derselben Art (kann abber auch mal zufällig auftreten) , während ein Unterschied zwischen zwei Organismen von mehr als 10 % auf verschiedene Gattungen hindeutet.


Zurück nach oben


(5) ? Was geschieht bei einer DNA-DNA Hybridisierung?

   Hybrid = Konstrukt aus Teilen verschiedener Herkunft. Die Hybride werden abhängig von der Sequenz gebildet - aber man muss sie dazu nicht kennen!

   Die DNA-DNA Hybridisierung dient zum Nachweis des Anteils übereinstimmender Sequenzen in DNA-Proben verschiedener Organismen. Im ersten Schritt wird die DNA zweier Testorganismen (z.B. durch Hitze) gespalten (denaturiert). Beim anschließenden Abkühlen lagern sich die Einzelstränge erneut zu Doppelsträngen zusammen. Es entstehen sowohl Doppelstränge aus DNA der einzelnen Stämme, als auch DNA-Kombinationen der jeweiligen Testorganismen (Hybride). Je höher der Verwandtschaftsgrad der Testorganismen, um so stärker ist die Ausbildung von Wasserstoffbrücken in der Hybrid-DNA.
Das Ausmaß der Hybridiserung kann man anhand der UV-Absorption im Photometer verfolgen. Noch genauer läßt es sich messen, wen man die DNA des einen Organismus (z.B. auf einem Filter) fixiert und die DNA des zweiten Organismus markiert (radioktiv oder mit fluoreszierenden Gruppen. Das entsprechende Signal ist nach der Hybridisierung proportional der Sequenzübereinstimmung.


Zurück nach oben


(6) ? Was sind die Schritte der PCR?

   PCR: polymerase chain reaction

   Die zu untersuchende DNA wird zusammen mit Desoxy-Nukleosid-Triphosphat, hitzestabiler DNA-Polymerase eines thermophilen Bakteriums und einem Überschuß an Primern (Startsequenz für Polymerase, komplementär zu den Außenbereichen der DNA-Stränge) auf 96°C erhitzt. Durch die Hitze wird die DNA denaturiert und nach dem Abkühlen auf 60°C lagern sich die Primer an die komplementäre DNA an. Bei erneutem Erhitzen auf 72°C bildet die DNA-Polymerase den zum Einzelstrang komplementären Strang. Der zweite Verdopplungszyklus wird durch erneutes Erhitzen auf 96°C eingeleitet. Nach jedem Zyklus hat sich die Anzahl der DNA-Stränge ungefähr verdoppelt.
s. a. Brock, Biology of Microorganisms


Zurück nach oben


(7) ? Wie kann man DNA sequenzieren?

   Die DNA-Sequenzierung dient zur Bestimmung der Nukleotid-Sequenz eines DNA-Abschnitts.

   Der Trick ist der, dass man durch Verwendung eines Anteils fehlerhafter Nukleotide bei einer (bzw. vier parallelen) PCR-Reaktion(en) Bruchstücke erzeugt, deren Länge in einer elektrophoretischen Auftrennung die Sequenz verrät.
Zu einer einsträngigen DNA mit der gesuchten Sequenz (Matrize) werden ein (radioaktiv oder Fluoreszenz-)markierter Primer, DNA-Polymerase und die vier verschiedenen Nukleotide gegeben. Außderdem erhä jeder von vier Parallel-Ansätzen jeweils ein wenig eines Didesoxy-Nukleosid-Triphosphats (3'OH- und 5'-OH-Gruppen fehlen), das bei seinem Einbau zum Kettenabbruch führt. Daraufhin findet die Verlängerung durch die Polymerase-Reaktion statt, die (in einigen Fällen) durch den Einbau von ddNTP an der jeweiligen Stelle abgebrochen wird. Bei der folgenden Gelelektrophorese wandern die Einzelstränge abhängig von der Länge unterschiedlich weit durch das Gel. Durch die Markierung werden die Banden sichtbar und die Sequenz des Stranges kann abgelesen werden.


Zurück nach oben


(8) ? Wie weist man Organismen mit molekularen Sonden nach?

   Sonde (engl. probe) = spezifischer Anzeiger.

   Man verwendet (meist durch Fluoreszenz) markierte Oligonukleotid-Sequenzen (16 - 20 Basen), die komplementär zu der der ribosomalen RNA des gesuchten Organismus sind. Da eine Bakterienzelle bis zu 10 000 Ribsomen hat, kann man im UV-Licht unter dem Mikroskop die Zuordnung einzelner Zellen vornehmen.


Zurück nach oben


(9) ? Was leistet in situ-PCR?

   lat.: in situ = in natürlicher Lage; in vitro = im (Reagenz-)Glas; in vivo = im lebenden Organismus.

   Um DNA-Sequenzen, die anders als die der ribosomalen RNA nur einmal in der Zelle vorkommen, mit Sonden nachweisen zu können, führt man an fixierten (permeabel gemachten) Zellen "" eine PCR durch und weist anschließend die amplifizierten Sequenzen nach.


Zurück nach oben


(10) ? Wie kann man aus heute lebenden Organismen auf die ersten Schritte der Phylogenie zurückschließen?

  

   Man betrachtet die Sequenzen sehr langsam evolvierender Komponenten. Es wird die Annahme gemacht, dass (vorteilhafte) Eigenschaften auch in den später sich entwickelnden Gruppen erhalten geblieben sind. Wenn also die Fähigkeit zur Photosynthese bei Archaeen und Eubakterien zu finden wäre, könnte man annehmen, dass sie sehr früh entstanden ist (scheint aber nicht so zu sein!).


Zurück nach oben


(11) ? Welche Moleküle werden zur Erstellung eines phylogenetischen Stammbaums benutzt?

   Proteinsequenzen ergeben eine weniger genaue Information als Nukleinsäuren, da Änderungen in der dritten Base eines Codons oft ohne Auswirkung auf die Aminosäuresequenz bleiben.

   Man benutzt die 16S-RNA, bzw. die 18S-rRNA, sowie die Aminosäuresequenzen universeller Proteine, z.B. RNA-Polymerase und ATPase.
Da der Prozess der Proteinbiosynthese eine hohe Komplexität aufweist, ist er empfindlich gegenüber Mutationen. Daher findet eine Veränderung in gewissen Bereichen der rRNA nur sehr langsam statt. Eine Varianz von weniger als 2% der 16 S rRNA (weniger als 30 % der gesamten DNA) kennzeichnet eine Art. Man kennt mehr als 6000 Sequenzen der 16 S rRNA, mit deren Hilfe Stammbäume aufgestellt werden können.


Zurück nach oben


(12) ? Welche Annahmen werden bei der Erstellung der phylogenetischen Stammbäume gemacht?

   Anders als bei der Ahnenforschung werden keine historischen oder gar fossilen Befunde benötigt. Die ältesten DNA-Sequenzen, die man bisher analysiert hat, sind nur 40 Millionen Jahre alt.

   Es wird angenommen, dass
  • der Verwandtschaftgrad zweier Organismen proportional der Ähnlichkeit ihrer DNA- oder Proteinsequenzen ist.
  • Veränderungen der Sequenzen mit konstanter und kleiner Rate eintreten.


Zurück nach oben


(13) ? Wie sieht die Grundstruktur des phylogenetischen Stammbaums aus?

   Die berühmte Arbeit mit dem Vorschlag stammt Carl Woese et al. (1990):
Woese CR, Kandler O, Wheelis ML (1990) Towards a natural system of organisms: Proposal for the domains Archea, Bacteria, and Eucarya. Proc Natl Acad Sci USA 87:4576-4579

   Die Grundstruktur des phylogenetischen Stammbaumes wird von drei Entwicklungslinien (Domänen/Urreiche) gebildet: Bacteria, Archaea, Eukarya. Seine Wurzel ist nicht sicher. Je nach Betrachtungsweise (RNA oder Proteine) ergeben sich Unterschiede.


Zurück nach oben


(14) ? Wie lassen sich Mitochondrien und Chloroplasten in den phylogenetischen Stammbaum einordnen?

   Die Übereinstimmung von RNA- Sequenzen der Mitchondrien, bzw. Chloroplasten mit bestimmten Bakterienarten kann als weiterer Beweis der Endosymbiontentheorie angesehen werden.

   Anhand der RNA kann eine Verwandtschaftsbeziehung zwischen Chloroplasten und Cyanobakterien, sowie Mitochondrien und Proteobakterien festgestellt werden. Dadurch ist eine Einordnung in den Stammbaum möglich.


Zurück nach oben


(15) ? Woraus schließt man, dass die ersten Organismen thermophil waren?

  

   Thermophile Bakterien und Archaeen weisen sehr tief im Stammbaum, abzweigende Äste auf. Daraus läßt sich schließen, dass die ersten Organismen extrem thermophil waren und deshalb existieren konnten, als sich die Erde noch nicht abgekühlt hatte.


Zurück nach oben